“Wer braucht bei einem Kampf wie heute eigentlich noch die Bundesliga?“, war nach dem letzten Saisonkampf in Westendorf, in dem sich die Gastgeber und der SC Anger nach einem in Sachen Spannung, Emotionen und Dramatik mehr als denkwürdigen Abend 17:13 trennten, die einstimmige Aussage beider Mannschaften. Am Ende hatte jede Staffel jeweils fünf Duelle für sich entschieden, sodass die Höhe der Westendorfer Einzelsiege am Ende den Ausschlag gab. Die Angerer Schülermannschaft gab sich derweil in Traunstein keine Blöße und wurde mit einem 4:35 Auswärtserfolg ihrer Favoritenrolle gerecht.
Eine mit 650 Zuschauern proppenvolle Halle, ein Angerer Fanbus mit 50 Schlachtenbummlern und zwei bis in die Haarspitzen motivierte Mannschaften – die Voraussetzungen am vergangenen Samstag waren perfekt für den erwarteten Showdown zwischen dem TSV Westendorf und dem SC Anger, der am Ende der großen Erwartungshaltung auch absolut gerecht wurde. Bis 57 kg griechisch-römisch tat sich Sebastian Kolompar anfangs schwer gegen den passiv eingestellten Michael Steiner, wodurch der Serbe bis zur Pause aufgrund einer angeordneten Bodenlage nur mit 0:1 in Führung lag. Im zweiten Durchgang baute der junge Westendorfer konditionell ab, sodass der Angerer vermehrt punkten konnte und sich bis zum Schlussgong noch einen 0:10 Vorsprung erarbeitete, womit die ersten drei Mannschaftspunkte nach Anger gingen. Das Schwergewicht bis 130 kg Freistil ließ der SCA unbesetzt, sodass vier kampflose Punkte an den bulgarischen U23-Europameister der Gastgeber, Georgi Ivanov, gingen. Seinen zwölften Sieg im zwölften Kampf feierte bis 61 kg Freistil Nikolozi Santeladze, der gegen Marwin Saeed ein ums andere Mal mit seinen schnellen Beinangriffen oder Durchdrehern zu Wertungen kam und kurz nach der Pause technisch überlegener Sieger wurde.
Bis 98 kg griechisch-römisch sprang Lukas Koch für den seit knapp drei Wochen verletzten Simon Öllinger ein und geriet gegen Felix Kiyek früh durch einen Suplex und einen Durchdreher in Rückstand. Wenig später stießen die beiden Ringer unglücklich mit dem Kopf aneinander, wobei sich der Angerer eine Platzwunde oberhalb des Auges zuzog und dadurch aufgeben musste. Zum ersten Mal richtig emotional wurde es im letzten Kampf vor der Pause, in dem Felix Baumgartner auf den favorisierten Avgustin Spasov traf, der sich erwartungsgemäß auch kurz nach der Pause durch technische Überlegenheit durchsetzte. Als der Westendorfer den Angerer zwischenzeitlich in der gefährlichen Lage hatte und dessen Kopf überstreckte, wurde das vom Angerer Trainergespann Zoltan Kovacs und Bernhard Mayr, die sich verständlicherweise um die Gesundheit ihres Sportlers sorgten, reklamiert, wobei letzterer allerdings zu weit auf die Matte lief und dafür mit einer roten Karte belegt wurde. Der Kampf wurde in einem Modelexperiment von einem Drei-Mann-Kampfgericht um Mattenleiter Johannes Steinberger, Punkterichter Holger Atzesberger und Mattenpräsident Patrick Tomanek geleitet, wodurch potentielle Fehlentscheidungen minimiert wurden, wenngleich beide Mannschaften jeweils mit der einen oder anderen Entscheidung dennoch nicht einverstanden waren. Da die Entscheidungen des Punkterichters und/oder Mattenpräsidenten in der ausverkauften Halle von vielen Zuschauern nicht einsehbar waren, führte dies gelegentlich zu Unverständnis, was bei potentiellen Wiederholungen im kommenden Jahr verbessert werden sollte.
Für Verwirrung sorgte auch der Ausgang des ersten Kampfes nach der Pause, in dem sich bis 86 kg Freistil Matthias Einsle und Benedikt Argstatter gegenüberstanden. Der Westendorfer versuchte mit einer auf Defensive bedachten Ringweise einen hohen Angerer Sieg zu verhindern und wurde eine Minute vor dem Kampfende, als es 1:8 stand, eigentlich durch seine dritte Verwarnung durch Fingerfassen oder Passivität disqualifiziert. Als beide Ringer die Matte schon verlassen hatten, wurde diese Entscheidung aber noch einmal zurückgenommen und der Kampf fortgeführt. Hier erhöhte der Angerer seinen Vorsprung auf 1:9 und steuerte somit drei Mannschaftspunkte bei. Zwei weitere gewann Matthias Eckart bis 71 kg Freistil, der sich mit Luis Wurmser einen engen Kampf lieferte, in dem es Pause noch ausgeglichen 3:3 Stand. Im zweiten Durchgang entschied der Angerer den Kampf durch einen Doppelbeinangriff sowie den damit verbundenen vier Punkten und gewann am Ende zusammen mit einem Passivitätspunkt 3:9. Beim Stand von 12:12 standen sich bis 80 kg griechisch-römisch wie schon im Hinkampf Philipp Reiner und Michael Klouceck gegenüber, wobei der Westendorfer das Duell erneut für sich entschied. Im zweiten Durchgang baute der Gastgeber seinen 5:0 Pausenvorsprung durch weitere Überführungen in die Bodenlage und Durchdreher bis auf 13:0 aus und brachte seine Farben vor den letzten beiden Kämpfen mit 15:12 in Führung.
Bis 75 kg griechisch-römisch kam es zu einer weiteren Neuauflage, als es Franz Fröhlich erneut mit Ion Gaimer zu tun bekam, gegen den er sieben Wochen zuvor mit einem Sieg in letzter Sekunde den Angerer Heimsieg gerettet hatte. Auch dieses Mal schenkten sich die beiden Ringer nichts und führten einen sehenswerten Kampf, der nach einem 3:5 Zwischenstand im ersten Durchgang vor allem nach der Pause begeisterte. Nachdem Fröhlich seinen Vorsprung auf 3:7 ausgebaut hatte, drehte der Westendorfer mit Überführen in die Bodenlage und einem Ausheberwurf das Ergebnis auf 9:7, ehe Fröhlich wenige Sekunden vor dem Ende per Überführen in die Bodenlage und zwei Durchdrehern wieder mit 9:13 in Führung ging. Den zweiten Durchdreher konterte Gaimer allerdings noch einmal und legte mit zwei Punkten den 11:13 Endstand fest, mit dem ein Mannschaftspunkt an den SCA ging. Beim Zwischenstand von 15:13 benötigte Maximilian Pöschl damit bis 75 kg Freistil einen hohen Sieg, um noch für ein Unentschieden oder einen Angerer Sieg zu sorgen. Dies wusste allerdings auch sein Kontrahent Daniel Joachim, der sich dementsprechend vor allem aufs Verteidigen konzentrierte, allerdings auch immer wieder bei einer zu offensiven Ringweise des Angerers selbst angriff. Letztendlich setzte sich der Gastgeber nach sechs Minuten mit 6:3 durch und sorgte damit kurzzeitig für lange Gesichter bei den Angerer Ringern und Anhängern, die aber schnell dem Stolz über eine starke Mannschaftsleistung und eine insgesamt tolle Saison wichen. Durch ihren Sieg verteidigten die Westendorfer ihren zweiten Tabellenplatz und sind hinter dem SC Oberölsbach Vizemeister. Der SC Anger beendet die Oberliga 2023 mit elf Siegen und fünf Niederlagen auf dem dritten Platz und freut sich nach einer anstrengenden Saison auf die verdiente Winterpause.
Auch die Schülermannschaft wurde heuer Dritter in der Grenzlandliga und gewann am Samstag ihren letzten Saisonkampf mit 4:35 beim TV Traunstein. Lediglich Benno Schmidt (35 kg griechisch-römisch) musste sich bei seinem ersten Einsatz per Schulterniederlage geschlagen geben, während seine neun Mannschaftskameraden allesamt gewannen. Artur Raisch (85 kg Freistil) feierte einen Punktsieg, Noah Wittich (32 kg Freistil) gewann durch das Übergewicht seines Kontrahenten, Leonhard Koch (46 kg Freistil) hatte keinen Gegner, Christoph Koch (38 kg Freistil) sowie Max Hinterstoißer (67 kg Freistil) gewannen durch technische Überlegenheit und Stefan Koch (29 kg griechisch-römisch), Gerald Stadler (42 kg griechisch-römisch), Michael Haas (51 kg griechisch-römisch) sowie Albert Raisch (57 kg Freistil) per Schultersieg. (Bericht: Lukas Koch)